BLOG mit Isabelle ??‍? „Unser Weg zum Zentrum für interdisziplinäre Säuglings- und Kindertherapie“

Eine Fallbesprechung Trinken aus dem Becher

Nach und nach kommen zunehmend Säuglinge zu mir in die Therapie, was mich natürlich sehr freut. Nun habe ich eine Kleine, die nicht mehr aus der Flasche trinkt. Laut Mutter habe es anfangs ganz gut geklappt, doch auf einmal sauge sie nicht mehr. Ich habe gelernt, dass das ganz typisch ist.

Zu Beginn läuft das Saugen noch reflektorisch ab. Wenn die Säuglinge drei bis vier Monate alt sind, wird aus dem Reflex ein willkürliches Bewegungsmuster. Wenn die Muskeln oder die Sensorik
gestört sind, ist es möglich, dass das Saugen auf einmal nicht mehr so gut klappt. Die kleine Patientin ist nun fünfeinhalb Monate alt (korrigiert) und kommt einfach nicht in ein adäquates Saugmuster. Sie spielt eher mit dem Sauger, als daran zu saugen. Daher haben die Mutter und ich
ausprobiert, wie sie Milch von einem Becher abnimmt. Das war auch für mich aufregend. Ich habe in der Weiterbildung zwar die theoretischen Hintergründe gelernt und auch Videos gesehen, wo Säuglingen der Becher angeboten wird. Doch so richtig hatte ich keine Vorstellung davon, wie das funktionieren soll. Auch die Mutter guckte mich mit großen Augen an, als sie meinen Vorschlag hörte. Trotz ihrer kleinen Bedenken, konnte ich die Mutter überzeugen, es auszuprobieren.

Die Kleine hat auch versucht die Milch sofort abzunehmen, eine leichte Lippenrundung war sogar zu erkennen. Durch ihre orofaziale Hypotonie fällt es ihr jedoch sehr schwer, die Milch zu halten und nach hinten zu transportieren. Es lief noch sehr viel aus dem Mund heraus. In der kommenden Woche wollen wir mit einem kleinen Becher nochmal einen Trinkversuch starten. Spontan hatten wir es mit einem Deckel der Nuckelflasche probiert. Zu hause soll die Mama es weiter üben. Ich bin
gespannt, was sie zurückmeldet. Bisher wird das Mädchen sondiert, da sie ihre Trinkmenge noch nicht alleine erreicht. Für die Mutter ist es total wichtig von der Sonde weg zu kommen. Daher ist sie bereit so viel wie möglich auszuprobieren und hat mit mir gemeinsam einen kleinen Becher bestellt.

Ich merke nun, dass es sehr wichtig ist, dass sie mindestens zweimal die Woche zu mir kommen, damit ich Mutter und Kind bestmöglich begleiten kann. Vor der Weiterbildung wäre ich nie darauf gekommen, bei so kleinen Kindern schon einen Becher einzusetzen. Wir werden sehen, ob das Experiment mit dem Becher gelingt.